Der Kauf einer Immobilie ist für viele Menschen spektakulär und einmalig. Hier sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Die Notare klären auf – im Interesse beider Seiten.
Dr. Dieter Kinzer, Präsident der Notariatskammer für Steiermark
Wer über einen Grundstücks- oder Immobilienkauf schon im Vorfeld viel weiß, kann Fallstricke umgehen. Um schon bei der Suche nach der Traumimmobilie gut vorbereitet zu sein, sollte rechtzeitig ein Notariat zur Beratung aufgesucht werden. Der Präsident der steirischen Notariatskammer, Dr. Dieter Kinzer, beantwortet dazu die wichtigsten Fragen.
Viele Menschen wissen nicht, dass österreichische Notare kostenlose Erstgespräche anbieten. Warum wäre das schon vor einem Immobilienkauf wichtig?
KINZER: Für viele Menschen ist der Kauf einer Immobilie die größte Investition ihres Lebens. Beim Autokauf verlässt man sich auf Testberichte, Freunde und Probefahrten. Beim Immobilienkauf lässt man sich oft nur zu gerne blenden und will mitunter gar nicht sehen, wie es um das vermeintliche Traumgrundstück oder die Immobilie wirklich bestellt ist. Der Kauf oder Verkauf eines Grundstücks für den Hausbau und natürlich auch jeder anderen Immobilie ist ein komplexes rechtliches und wirtschaftliches Thema, bei dem der Notar ein umfassender und ausgewogener Begleiter für beide Vertragsparteien ist. Die Vorstellungen von Käufer und Verkäufer in Einklang zu bringen und auf eine sichere, rechtliche Basis zu stellen ist hierbei unsere Aufgabe.
Wann ist denn der beste Zeitpunkt für so ein Gespräch?
KINZER: Im Prinzip kann das gar nicht früh genug passieren. In jedem Fall sollte das rechtliche Umfeld eines Immobiliengeschäftes eingehend durchleuchtet werden, noch bevor ein konkretes Angebot gelegt oder gar eine Kaufentscheidung getroffen wird. Bei aller Euphorie gilt es ganz besonders in dieser Phase einen kühlen Kopf zu bewahren und alle Rahmenbedingungen genau zu durchleuchten.
Was kann man in so einem Erstgespräch eigentlich alles abklären?
KINZER: Mit dem Erwerb einer Liegenschaft sind oft Rechte und Pflichten verbunden, die ein Laie nicht sofort erkennt. Ist die betreffende Immobilie geldlastenfrei oder sind Kredite im Grundbuch eingetragen? Ist der Verkäufer auch tatsächlich der Eigentümer? Und welche Rechte und Pflichten sind mit der Liegenschaft verbunden?
Gibt es auch Fälle, in denen ein Notarbesuch auch ohne bevorstehenden Immobilienkauf ratsam wäre?
KINZER: Es ist immer ratsam, die Besitzverhältnisse und die damit verbundenen Rechte und Pflichten abzuklären. Ein Beispiel: Es kommt immer wieder zu Problemen, wenn Eltern den Kindern angeboten haben, auf dem Grundstück zu bauen. In diesem Fall muss man bedenken, dass zum Beispiel eine ausgebaute Wohnung im Elternhaus oder ein Zubau rechtlich grundsätzlich als Zubehör zu einem Grundstück oder einer Liegenschaft gilt und damit automatisch in das Eigentum der Eltern übergeht. Stößt den Eltern etwas zu und fällt das Gebäude auf dem elterlichen Grundstück in den Nachlass, ohne dass eine entsprechende testamentarische Vorkehrung getroffen wurde, könnte das „eigene Haus“ mitunter auch anderen gesetzlichen Erben, anderen Kindern, zufallen.
Was ist zu beachten, bevor ein Grundstück gekauft wird?
KINZER: Man sollte zunächst jedenfalls klären lassen, ob im Grundbuch so genannte Belastungen eingetragen sind. Sollte die Liegenschaft nämlich mit Pfandrechten, Grunddienstbarkeiten, Ausgedings-, Wohnungs(gebrauchs)rechte etc. belastet sein, ist es jedenfalls ratsam, die Immobilie einem genauen Experten-Check zu unterziehen. Unter anderem betrifft das etwa Zufahrts- und Zugangsrechte. Ratsam ist zudem, das Hochwasserkataster abzurufen und zu überprüfen, ob hier Gefahr ausgehend von Naturgewalten lauert.
Warum ist es so wichtig, das Objekt oder Grundstück auf Altlasten zu überprüfen?
KINZER: Es kann in einem Kataster festgeschrieben worden sein, dass man verpflichtet ist, eine Sackstraße instand zu halten, obwohl man nur einen kleinen Teil befährt. Es kann das Wegerecht für die Befahrung des Grundstücks durch einen Nachbarn oder die Errichtung eines Kanals betreffen. Wenn sich später herausstellt, dass eine Wasserleitung nur durch das Nachbargrundstück geleitet werden kann und man das Recht vorab nicht eingetragen hat, muss man oft mühsame Umwege in Kauf nehmen. So entstehen dann allenfalls auch Kosten, mit denen man nicht gerechnet hat und die man tragen muss.
Wie zeigen sich solche Tücken in der Praxis?
KINZER: Wir haben schon Fälle erlebt, bei denen ein „äußerst günstiges“ Grundstück erworben wurde, nur gab es keine gesicherte Zufahrt und somit auch keine Baubewilligung. In einem anderen Fall wurde eine Anzahlung bar auf die Hand geleistet, doch der Liegenschaftsverkäufer war mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belegt und der Kauf konnte nicht durchgeführt werden.
Was raten Sie beim Kauf einer Eigentumswohnung?
KINZER: Beim Kauf einer Wohnung sollte unbedingt die zuständige Hausverwaltung befragt werden, ob Sanierungen oder andere Maßnahmen anstehen, die das ganze Wohnhaus betreffen. Auch wenn Sie eine Erdgeschoßwohnung erwerben, müssen Sie bei der Sanierung des Dachs mitzahlen. Wichtig wäre auch, sich zu erkundigen, über welche finanziellen Reserven die Hausgemeinschaft beziehungsweise der Instandhaltungsfonds verfügt.
Wie sollte ich mich auf das Notargespräche vorbereiten?
KINZER: Wichtig sind in einem ersten Schritt einmal die liegenschaftsbezogenen Daten, wie Adresse, Einlagezahl und Katastralgemeinde oder Grundstücksnummer, damit wir einen aktuellen Grundbuchsauszug machen und nachschauen können, ob dort Belastungen verzeichnet sind. Aber auch Projektunterlagen oder ein Anbot sollten gecheckt werden, bevor man etwas unterschreibt oder sich verpflichtet. Einfach alle Unterlagen mitbringen.
Auf welche Bedürfnisse über das eigentliche Immobiliengeschäft hinaus gehen Notarinnen und Notare noch ein?
KINZER: Da wäre eine ganz wichtige Frage zu nennen: Was zum Beispiel soll gelten, wenn der Haussegen einmal schief hängt? Was passiert bei einer Trennung oder Scheidung? Sind die Lebenspartner nicht verheiratet oder verpartnert, fällt mit dem Tod eines Partners der Anteil der Immobilie an die gesetzlichen Erben. Hier kann man über ein Testament für den Fall der Fälle Vorsorge treffen, damit der verbliebene Partner wohnen bleiben darf.
Wie wichtig ist Ihrer Erfahrung nach die Aufklärung über solche Themen?
KINZER: Sehr wichtig! Die Investition in eine Immobilie ist immer auch ein Anlass für eine nähere Betrachtung und vor allem Regelung der familiären Verhältnisse. Wir empfehlen unbedingt, einen Ehevertrag zu schließen. Ein solcher ist keineswegs unromantisch, sondern Beweis für die Verantwortung gegenüber dem Partner, wie auch den Kindern. Und auch für Lebensgefährten, die gemeinsam ein Eigenheim anschaffen, sind vertragliche Regelungen für den Fall der Trennung absolut sinnvoll. Schließlich ist der Kauf einer Immobilie die größte Investition im Leben der meisten Menschen. Als Notare sind wir von Berufs wegen verpflichtet, die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen und eine für alle Seiten ausgewogene Lösung zu erarbeiten. Das schafft Sicherheit und Vertrauen und sorgt dafür, dass spätere, oft kostenintensive Streitigkeiten vermieden werden.