Sagt Ihnen der Name Marie Kondo etwas? Das ist eine Frau aus Japan, die Menschen das Aufräumen erklärt. Das können Sie selbst? Sind Sie ganz sicher?
Zugegeben, Aufräumen ist nicht jedermanns Sache. Wegwerfen schon gar nicht. Und so häufen sich über Jahrzehnte Gegenstände an: Erinnerungsstücke aus dem Urlaub, Kleidung, die einst passte, allerlei Krimskrams und die verblassten Geschenke der Kinder aus weit zurückliegenden Muttertagen. Und so steht man vor vollen Schränken, Schubladen und Kellern. Der richtige Zeitpunkt, um Frau Kondo hereinzulassen. Oder besser gesagt Olivia Ruderes, Kondo-Schülerin und Gründerin des Unternehmens Ordnungsprofi aus Kapfenberg. Sie erklärt in sechs Schritten, wie sich systematisch Ordnung schaffen lässt.
Schritt 1: Man stelle sich den idealen Lebensstil vor. Was wünschte man mit 30, 40 oder 50 Jahren für die Pension? Diesen Lebensstil, die offenen Wünsche und Vorhaben sollten zunächst skizziert werden. Denn mit einem klaren Fokus fällt das Entscheiden und spätere Wegwerfen leichter. Die Theorie hinter dem Aufräumvorgang: Jeder Gegenstand braucht seine Aufmerksamkeit, muss geputzt, gepflegt werden. Je weniger Gegenstände vorhanden sind, desto mehr Aufmerksamkeit kommt der Person zugute. Es gibt zudem Gegenstände, mit denen schlechte Erinnerungen verbunden sind, betont Ruderes: Bilder, Dokumente, die an eine Scheidung erinnern oder Kleidung, die ständig daran erinnert, dass man abnehmen sollte. Sich damit zu beschäftigen, sich damit auseinanderzusetzen, bedeutet, die Gelegenheit zu nutzen, um Dinge loszulassen. In der Regel trägt man zu viel mit sich herum, findet Ruderes, darunter Dinge, die man möglicherweise gar nicht wollte.
Schritt 2: Dieses Aufräumen und Ausmisten fest einplanen. Sonst setzt sich der innere Schweinehund durch und macht alles zunichte. Vier bis zehn Stunden pro Woche festlegen, genauso fix wie die Yoga-Einheit. Und das kontinuierlich so lange, bis die Arbeit geschafft ist. Das kann schon ein paar Wochen dauern. Der Hauptfaktor dabei ist nicht so sehr die Größe des Hauses oder der Wohnung, sondern wie schnell man sich von den Gegenständen verabschieden kann.
Schritt 3: Beginnen, die Gegenstände nach Kategorien zu sortieren, und zwar vom Keller bis zum Dachboden. Man beginne mit Bekleidung, Büchern, Dokumenten, gefolgt von Diversem – was in Küche, Abstellkammer, Dachboden oder Badezimmer zu finden ist -, erst am Ende kommt „Sentimentales“. Die Reihenfolge hat ihren Sinn: Je stärker die Bindung zu einem Gegenstand, desto schwieriger ist es, ihn wegzugeben. Diese Entscheidungen gleich zu Beginn treffen zu müssen, blockiert den Fortschritt. Kleidung, Bücher und Dokumente sind in der Regel nicht sonderlich emotional besetzt. Finden sich in Kleidung oder bei den Büchern „sentimentale“ Gegenstände, diese zur Seite legen und über die weitere Verwendung später entscheiden. Mit der Zeit bekommt man Routine, dann wird das Weggeben auch einfacher.
Schritt 4: Olivia Ruderes erlebt es oft, wenn sie in Häusern und Wohnungen der älteren Generation aufräumen hilft: Dort sind viele Sachen zu finden, die noch gut erhalten sind. Doch auch wenn der Gedanke nachhaltig ist, diese Stücke aufzubewahren, kann zu viel des Guten belasten. Hier spielt auch ein Pflichtbewusstsein und die Höflichkeit eine große Rolle, denn unter den Gegenständen sind viele Geschenke, die man im Laufe der Zeit erhalten hat. Und die dürfe man nicht weggeben, hieß es immer. Doch diese Gedankenmuster seien heute nicht mehr nötig, sagt Ruderes. Sobald ein Geschenk überreicht wurde, ist es für den Geber erledigt. Der Besitzer hat ab sofort freie Entscheidungskraft, was er mit dem Präsent machen soll. Zum Schenken hat Ruderes einen Tipp: Statt Krimskrams Zeit schenken. Die haben die Wenigsten. Bei Fehlkäufen sollte man herausfinden, warum man ein bestimmtes Kleidungsstück nie getragen hat: Ist es zu eng? Zu knapp? Zu unvorteilhaft? Es geht um die Bewusstwerdung, warum man Gegenstände aufbewahrt. Das bringt einen auch ein Stück näher zu sich selbst.
Schritt 5: Bei der Entscheidung, was mit dem Gegenstand passieren soll, sind nach Marie Kondo zwei Aspekte wichtig: Dankbarkeit und die Verabschiedung. Bei jedem Teil, von dem man sich trennen will, sollte man kurz innehalten und sich darüber im Klaren werden, welchen Zweck es erfüllt hat, dass es nun aber gehen darf, trotz langjähriger Bindung. Oder dass er bleiben kann. In jedem Kleiderschrank werden sich symbolisch aufgeladene Stücke finden, das T-Shirt aus dem Urlaub, die Hose, die man zu einem bestimmten Anlass gekauft hat. Doch es bleibt ein Gegenstand. Das Wissen darüber bleibt in der Erinnerung oder auf Fotos bestehen. Das sollte man sich stets vergegenwärtigen.
Schritt 6: Vermutlich das meiste von dem, was man weggeben möchte, kann einen neuen Besitzer finden. Es gibt im Internet Verkaufsplattformen wie Willhaben, Facebook Market Place oder Shpock, will man Dinge verschenken, finden sich dort rasch Abnehmer. Es gibt Abnehmer wie die Caritas oder diverse Börsen oder Flohmärkte. Will man Gegenstände verschenken, sollte Folgendes beherzigt werden: Keiner will haben, was man selbst nicht annehmen würde. Es besteht zudem die Möglichkeit, sich einen Trödler ins Haus zu holen. Er nimmt die Gegenstände (oft) gegen einen kleinen Beitrag mit.
Aufräum-Checklisten und Adressen über die weitere Verwendung der Gegenstände können auf der Homepage von Olivia Ruderes heruntergeladen werden: www.ordnungsprofi.at