Der erste Lockdown hat in Österreich zu einem großen Digitalisierungsschub geführt – speziell im Gesundheitsbereich. Die zentrale Frage im Zuge der Digitalisierung lautet aktuell: Wie können telemedizinische Leistungen ausgebaut und in weiterer Folge angewendet werden?
Dabei geht es bei der Gruppe der PatientInnen vermehrt um die Akzeptanz, neue Technik(en) und Behandlungsmethoden anzunehmen, während bei Ärztinnen und Ärzten der bestmögliche praktische Einsatz im Fokus steht (siehe telemedmonitor.at).
„Ein großer Teil der österreichischen Senior*innen ist bereit, die vielen Optionen der Digitalisierung im Gesundheitsbereich für sich zu nutzen. Nur brauchen sie dabei anfangs Unterstützung, z. B. mit senior*innengerechten digitalen Stammtischen und Internet Lern-Cafes!“, so Prof. Dr. Siegfried Meryn, Initiator von „Health.DigitalCity.Wien“.
Die Akzeptanz von Patient*innen für die telemedizinische Betreuung via Telefon wird aus Sicht der Mediziner*innen bereits als sehr hoch eingeschätzt; als häufigstes Kommunikationsmittel in Krisenzeiten wurde das Telefon und der Kontakt mit Patient*innen per E-Mail genannt. Weniger Zustimmung findet (noch) die digitale Betreuung durch die jeweiligen Ärzt*innen, speziell wenn es sich um einen Erstkontakt zwischen Patient*in und Mediziner*in handelt. Laut Ärzteblatt führte jeder Arzt und Psychotherapeut mit einem entsprechenden Angebot im zweiten Quartal 2020 durchschnittlich 37 Videosprechstunden durch. Dabei waren 95 Prozent der Patient*innen zuvor schon einmal persönlich in der Praxis. Nur in fünf Prozent der Fälle fand der erste Kontakt mit der Praxis per Video statt.
„In Zeiten der Pandemie haben sich das e-Rezept, ärztliche Videosprechstunden und Apps bewährt.“
Siegfried Meryn
Die Pandemie sorgt jedenfalls für einen Aufschwung und für einige Erfolgsbeispiele im Bereich der telemedizinischen Anwendungen. „Gerade in Zeiten des Corona-Lockdowns haben sich das elektronische e-Rezept, ärztliche Videosprechstunden, aber auch Apps wie Youtoo, die das Pflegepersonal und Angehörige bei der Einteilung von Besuchen in Pflegeheimen unterstützt haben, sehr bewährt“, meint Siegfried Meryn. Auch einige innovative Start-ups sind auf dem Vormarsch, so z. B. Instahelp mit Online-Beratungen durch Psycholog*innen oder das Unternehmen Probando, welches Proband*innen und Forscher*innen zusammenbringt. Clara Puller von Probando: „Es ist wichtig, dass sich das Angebot der Telemedizin an die Menschen anpasst, die dieses nutzen sollen. Hierbei ist es essenziell, sowohl die Meinung der Patient*innen als auch der Ärzt*innen zu erfassen und in die Entwicklung und den Ausbau zu integrieren, um eine größtmögliche Akzeptanz zu erzielen und Zweifel aus dem Weg zu räumen.“
„Es ist wichtig, dass sich das Angebot der Telemedizin an die Menschen anpasst.“
Clara Puller
Impulsgeber im Bereich der Telemedizin und wichtige Netzwerk-Plattform für Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, ist der steirische Humantechnologie-Cluster (HTS). „Wir entwickeln aktuell Leuchtturmprojekte im Bereich Digital Health, zudem werden wir Anfang nächsten Jahres gemeinsam mit den Geriatrischen Gesundheitszentren in Graz ein AAL-Zentrum eröffnen (AAL = Active Assisted Living). Dort werden Assistenzlösungen zu finden und auch auszuprobieren zu sein, die das alltägliche Leben älterer Menschen situationsabhängig und unaufdringlich unterstützen“, gibt Dr. Johann Harer, Geschäftsführer der Human.technology Styria GmbH, einen Ausblick in die nahe Zukunft.