Auf der sicheren Seite

Ob Kauf oder Verkauf, Schenken oder Vererben – bei Immobilien geht es für die meisten Menschen um die größte Entscheidung ihres Lebens. Umso wichtiger ist es, dass rechtlich und finanziell alles korrekt abläuft. Stephan Plankensteiner und Nicolas Kotzmuth von der Notariatskammer für Steiermark geben wertvolle Tipps.


Fallen wir gleich sprichwörtlich „mit der Tür ins Haus“: Worüber stolpern Menschen am häufigsten beim Kauf von Immobilien?
Mit dem Erwerb einer Liegenschaft sind immer auch Verpflichtungen verbunden, die über das Offensichtliche hinausgehen. Das können Servitute sein, die im Grundbuch vermerkt sind, aber auch Schulden, die auf der Immobilie lasten. Ein weiterer Stolperstein sind Mängel in der Bausubstanz. Wir empfehlen daher dringend, schon im Vorfeld den Rat von Experten einzuholen. 

Aber guter Rat ist doch teuer, oder nicht?
Eine Immobilie ist kein Gelegenheitskauf, dennoch verlassen sich zu viele Menschen einfach auf ihr Bauchgefühl. Bevor man sich ein Auto kauft, informiert man sich ja auch gründlich und macht einen Ankaufstest. Das sollte auch bei einem Haus oder einer Wohnung selbstverständlich sein. Es ist schon klar, dass eine Immobilie viel Geld kostet, aber bei Sachverständigen und Rechtskundigen spart man eindeutig am falschen Platz. Der Notar oder die Notarin hilft dabei, das Dickicht der gesetzlichen Regelungen zu lichten und mögliche Fallen zu enttarnen. Außerdem ist die Erstberatung grundsätzlich sogar kostenlos – fragen Sie danach, wenn Sie einen Termin vereinbaren wollen.

Was sollte unbedingt geklärt werden, bevor man seine Unterschrift unter einen Immobilienkaufvertrag setzt?
Zunächst ist ein Blick ins Grundbuch unerlässlich, damit klar wird, ob hier sogenannte Belastungen eingetragen sind. Die Liegenschaft könnte nämlich mit Pfandrechten, Grunddienstbarkeiten, Ausgedings-, Wohnungs(gebrauchs)rechten etc. belastet sein. Im Grundbuch kann auch festgeschrieben sein, dass man z. B. als Eigentümer verpflichtet ist, eine Privatstraße instand zu halten, obwohl man nur einen kleinen Teil befährt. Es kann auch das Wegerecht für die Befahrung des Grundstücks durch einen Nachbarn vereinbart sein. Oder die Erlaubnis für die Errichtung eines Kanals über den eigenen Grund, was häufig ein Grund für nachträgliche Streitigkeiten ist. Möglicherweise besteht sogar ein Veräußerungsverbot und die Liegenschaft darf gar nicht verkauft werden. 

Drehen wir die Perspektive um: Was ist bei der Weitergabe von Immobilien zu beachten?
Aktuell ist die Rechtslage so, dass weder Erbschafts- noch Schenkungssteuer anfällt und nur bestimmte Meldungen abzugeben sind – aber man weiß ja nie, was die Zukunft bringt. Viele Menschen denken deshalb daran, ihr Liegenschaftsvermögen schon zu Lebzeiten zu übergeben. In diesem Fall ist man gut beraten, sich beim Notar über die rechtlichen Möglichkeiten und Voraussetzungen zu informieren. 

Das gilt übrigens auch für das Testament oder die Vorsorgevollmacht. 

Wie ist die Situation, wenn Kinder auf dem Grund der Eltern gebaut haben?
Das kommt tatsächlich relativ oft vor und ist immer wieder Auslöser von Problemen, wenn die rechtliche Basis vorab nicht professionell geregelt wurde. Denn ein Zubau ans Elternhaus oder eine ausgebaute Wohnung gehören grundsätzlich zur Liegenschaft und gehen damit automatisch in das Eigentum der Eltern über. Wenn später womöglich ein Elternteil stirbt und keine testamentarischen Vorkehrungen getroffen wurden, dann fällt das vermeintliche „eigene Haus“ in den Nachlass. In diesem Fall könnte es möglicherweise anderen Erben, anderen Kindern, zufallen. 

In letzter Zeit ist oft von Bauträger-Immobilien die Rede. Was kann man sich darunter vorstellen?
Bauträger sind Personen oder Unternehmen, die sich verpflichten, für Objekte, die erst errichtet oder saniert werden müssen, zukünftigen Eigentümern, Mietern oder anderen Erwerbern gewisse Rechte einzuräumen. Wesentlich ist dabei immer, dass der Erwerber schon vor Fertigstellung Zahlungen tätigen muss. Die rechtliche Basis dafür ist das Bauträgervertragsgesetz. Es legt zwingende Mindeststandards für den Kaufprozess fest und dient dem Schutz des Erwerbers bzw. der Erwerberin. Der Bauträgervertrag und eine fundierte notarielle Begleitung schaffen zusammen ein sicheres rechtliches Umfeld bei der Abwicklung dieser Art von Immobiliengeschäften.

Zahlt man nicht ins Blitzblaue, wenn schon im Voraus Geld fließen muss?
Nein, denn die Abwicklung erfolgt über ein Treuhandkonto und die jeweiligen Beträge werden nach einem festgelegten Ratenplan bezahlt. Im Rahmen des Bauträgervertragsgesetzes wird ein Sachverständiger bestimmt, der den Baufortschritt überwacht. Dieser verfügt zwingend über eine Haftpflichtversicherung und haftet gegenüber dem Käufer unmittelbar für die Richtigkeit seiner Begutachtungen. So ist der Käufer vor dem Verlust seiner Vorauszahlung geschützt und die Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche sind über einen Haftrücklass gesichert. Die Sicherungspflicht endet erst bei der Übergabe des Objektes und der Herstellung der vereinbarten Rechtsstellung, wie zum Beispiel der Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch.

Bilder von Marija Kanizaj und shutterstock
Beitrag veröffentlicht am 27.04.2023