Totentanz: Auseinandersetzung mit dem Tod in der Kunst

Die Auseinandersetzung mit dem Tod und der Tatsache, dass alle einmal sterben müssen, ist nicht einfach und muss doch auf die verschiedensten Arten irgendwann passieren. Der Tod als Endpunkt des Lebens, die Frage um seine Bedeutung und die Absicht, dem in seiner Länge absehbaren Leben Sinn und Inhalt zu verleihen, beschäftigt die Menschheit in allen Kulturen und Gesellschaftsformen seit Anbeginn der Zeit.

Nicht überraschend findet die Konfrontation mit dem Thema Tod Tod auch in der Kulturgeschichte unter dem Leitmotiv des Totentanzes seinen Ausdruck. Dieses setzt sich mit dem Sterben, der Vergänglichkeit und der Endlichkeit alles Irdischen auseinander und fungiert als memento mori: Eine mahnende Erinnerung daran, dass der Tod jeden, ungeachtet der gesellschaftlichen Position, des Vermögens oder des Geschlechtes plötzlich aus dem Leben reißen kann.

Das Motiv des Totentanzes: Der personifizierte Tod im Tanz mit den Menschen

Der Totentanz kam im 14. Jahrhundert im christlichen Spätmittelalter in Europa als eigene Kunst- und Literaturgattung auf. Zuerst wurde diese in Frankreich unter dem Namen „danse macabre“ bekannt. Motiv waren Menschen jeden Standes und Alters, die einen Reigen mit dem Tod tanzten. Dieser wurde als allegorische Figur dargestellt: Ein Leichengerippe, der personifizierte Tod. Das Bemerkenswerte und Makabere dieser Kunstwerke war die Verbindung zweier so unterschiedlicher Motive, das tragische Sterben und das fröhliche Tanzen. Auslöser für diese Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit und vor allem mit der Gleichheit aller Menschen im Tod waren die verheerenden Seuchen des Mittelalters und das Massensterben der Bevölkerung. Als die Pest in Europa wütete, starben Dutzende Millionen Menschen – ungeachtet ihres Geschlechts oder ihres Standes mussten sie dem Tod ins Auge blicken. Der Totentanz soll an die Endlichkeit alles Irdischen erinnern und vor Augen halten, dass Statuswerte wie Reichtum oder Macht im Augenblick des Sterbens obsolet werden.

Der Totentanz als Skulptur: Auch in der Moderne ein beliebtes Motiv

Der Basler Totentanz

Als eines der berühmtesten Werke des Totentanz-Motivs gilt der Basler Totentanz. Dieser wurde im Jahr 1440 von einem unbekannten Künstler auf die Innenseite des Laienfriedhofsmauer beim Dominikanerkloster gemalt. Das Kunstwerk war 2 Meter hoch und ganze 60 Meter lang. Auch beim Basler Totentanz wird der spätmittelalterliche Gesellschaftsaufbau widergespiegelt: Die einzelnen Sterbenden sind durch ihre Kleider und andere Attribute ganz klar als Angehörige einer bestimmten Gesellschaftsgruppe gekennzeichnet. Den Tanzzug der insgesamt 37 Tanzpaare führen die weltlichen und geistlichen Obrigkeiten an, ihnen folgen die Ständevertreter der Stadt. Am Ende des Reigens tanzen die damals am niedrigsten gestellten Vertreter der Gesellschaft: Bauer, Koch, Heide, Jude und Blinder. Sterben müssen sie jedoch alle.

 

Die 1362 erbaute Kirche San Vigilio in Trient mit dem bekannten Totentanz von Simone Bascheni

Totentanz in der Steiermark

Auch in der Steiermark gibt es einen bekannten zeitgenössischen Künstler, der sich mit dem Totentanz-Motiv auseinandersetzt: der aus Graz stammende Bildhauer und Künstler Manfred Erjautz. 1966 geboren, besuchte er in seiner Jugend in Graz an der HTBLA Ortwein den Zweig Bildhauerei und studierte anschließend von 1985 bis 1990 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Bruno Gironcoli. Erjautz lebt in Wien, gilt als einer der führenden Vertreter der heutigen Bildhauergeneration und hat bereits mit unterschiedlichsten Ausstellungen und Arbeiten im öffentlichen Raum künstlerische Meilensteine gesetzt. Als Mitglied der Wiener Secession und von Forum Stadtpark setzt er sich in seiner Kunst mit existenziellen Themen auseinander. Im Frühjahr und Sommer 2022 stellte er im Kulturzentrum “Kultum” bei den Minoriten eine mehr als 50-teilige Totentanzserie aus und orientierte sich dafür am bekannten Basler Totentanz. Erjautz transportierte dabei den im Spätmittelalter so ikonischen Umgang mit dem Tod in die Gegenwart und verband ihn mit dem technischen Fortschritt und den neuen Medien des 21. Jahrhunderts. In seiner Ausstellung findet sich unter anderem ein auf Augenhöhe schwebendes Skelett, das bei Berührung einen Wirbelsäulentanz beginnt und Totentanz-Originalmotive auf Holzschnitten und Kupferstiche, die mit dem Massenmedium des 21. Jahrhundert – dem Handy – digital bearbeitet, mit gegenwärtigen Attributen verschmolzen und durch den Drucker geschickt wurden.

Das Motiv des tanzenden Todes mit den noch-Lebendigen, gilt für Erjautz als zeitlos: Unsere Gegenwart besteht aus Krieg in Europa, den Schrecken einer tödlichen Pandemie und den existenziellen Sorgen und Ängsten, die mit der sich verändernden Realität einhergehen. In Bildern und Skulpturen kann diese Angst vor der Vergänglichkeit und dem Tod fassbar gemacht werden.

Beitrag veröffentlicht am 19. Oktober 2022
von Karolina Wiener
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Schritt für Schritt pure Leidenschaft

Sigrid Semmler (65) und Bernd Unterweger (68) tanzten sich im Laufe ihres Lebens durch viele Tanzstile. Nur der Tango fehlte. Ein Nachmittag mit dem erotischsten Tanz der Welt.

Frau Semmler, Herr Unterweger, taugt der Tango, um eingeschlafene Beziehungen aufzuwecken?

Semmler: Auf jeden Fall (lacht). Bernd und ich haben uns beim Swingtanzen kennengelernt. Ich hätte richtig Tango nie mit einem Partner getanzt, mit dem ich nicht in einer Beziehung bin. Dazu ist der Tanz zu erotisch. Es heißt ja, ein Mann muss 17 Jahre lernen, bis er Tangotanzen kann. Die Frau nur eines. 

Unterweger: Als Mann ist der Tanz herausfordernd, weil er führen muss. Dazu muss er viel investieren, in Körperarbeit etwa, er muss eine stabile Körperhaltung haben und kreativ musikalisch sein. Walzer oder Salsa kann man nach einem Jahr gut tanzen, wenn man regelmäßig übt. Bei Tango dauert das viel, viel länger.

Semmler: Bei Salsa tanzt man einfach los, auf den Tango muss man sich einstellen. Als Frau nichts machen zu dürfen, ist schwierig. Ich bin vom Swingtanzen gewohnt, dass man als Frau spielen darf. Beim Tango muss man sich fallen lassen, man muss locker sein, warten können und rechtzeitig und gut reagieren. Es war für mich schon eine Herausforderung, nicht einfach draufloszumarschieren. 

Was macht den Tango so besonders?

Semmler: Es ist die Musik! Einmal so stimmungsvoll und beschwingt, dass dir das Herz aufgeht, im nächsten Moment so melancholisch, dass man weinen könnte. Dieser spontane Wechsel fasziniert mich. 

Wie gut sind Sie schon?

Unterweger: Wir sind erst am Anfang! In der Corona-Zeit haben wir sehr viel geübt, jetzt fängt es schön langsam an, Spaß zu machen.

Semmler: Also ich warte noch auf den Flow (lacht). Aber es gibt schon so Momente, wo ich mir denke: Jetzt haben wir’s!

 

Pfeffer für die Beziehung

Der Tanzlehrer Iliyan Donchev über den erotischsten aller Tänze und wie man ihn lernen kann.   

Welche Voraussetzungen braucht es für Tango? 

Zum Tangotanzen muss man nicht unbedingt athletisch sein. Die körperliche Statur ist ziemlich egal, es reicht, einen Tango-Abend zu besuchen, um zu sehen, welch unterschiedliche Menschen Tango tanzen. Wenn man regelmäßig tanzt, stellt sich eine gewisse Ausdauer, Fitness, Verbesserung der Körperhaltung sowieso ein. Das tut dem Körper gut, ist in diesem Sinne aber keine Voraussetzung, um Tango lernen zu können, vielmehr ein positiver Effekt wenn man schon länger tanzt.

Welche Ausbildung empfehlen Sie älteren Paaren? 

Es gibt in vielen Städten Kurse und Workshops, die Paare unabhängig vom jeweiligen Alter besuchen können. Es reicht die Bereitschaft, etwas Neues zu lernen – und vielleicht die Bereitschaft der Frau, dem Mann einmal die Führung zu überlassen. 

Wann „kann“ man Tango, was ist das Besondere an diesem Tanz?

Es gilt wie für alle anderen Tänze: Tango kann man, wenn man Spaß beim Tanzen hat und das genießt! Ich habe diese Frage auch meiner Frau gestellt, mit der ich schon seit über acht Jahren gemeinsam tanze und unterrichte. Für sie ist das Besondere am Tango, dass es sich nicht nur um körperliche Betätigung handelt, sondern wenn man tief in den Tango eintaucht, eine wunderbare geistige und emotionale Verbindung zum Partner ermöglicht. Das Führen und Folgen, sich Fallenlassen als Folgende, die tiefe körperliche Verbundenheit – Tango wird nicht umsonst Herz an Herz getanzt – all das macht den Tango so besonders. Dieses Gefühl ist beim Tanzen mit dem eigenen Partner immer am stärksten, aber gute Tangotänzer spüren diese Verbindung zu ihrem aktuellen Tanzpartner manchmal ebenso, auch wenn man vielleicht zum allerersten Mal miteinander tanzt. 

Kann Tango dazu dienen, mehr „erotischen Pfeffer“ in die Beziehung zu bringen? Oder ist man so mit Lernen und Perfektion beschäftigt?

Natürlich dauert es immer ein wenig, einen Tanz so zu erlernen, um das Tanzen wirklich genießen zu können. Wie lange es dauert, bis sich Genuss wirklich einstellt, hängt sehr stark von der eigenen Persönlichkeit ab. Aber auch hier kann der Tango behilflich sein: Sich von den eigenen Vorstellungen und dem Perfektionismus verabschieden und sich einmal fallen zu lassen, nur den Moment mit dem Partner und der Musik um sich herum genießen zu können, unabhängig vom eigenen Tanzlevel, das sollte immer das Ziel sein. Ob Tango Pfeffer in eine Beziehung bringen kann? Ja, ganz bestimmt! Aber nur auf den Tango würde ich mich nicht verlassen, um eine Beziehung aufrecht zu erhalten. Wenn aber die Gefühle zum Partner schon da sind, kann man sicher sein, dass Tango eine Beziehung in vielerlei Hinsicht bereichern wird.

 

Daniela Müller
Beitrag veröffentlicht am 14. November 2020
Bidlquelle: Marija Kanizaj