Telemedizin in der Coronakrise

Der Neurologe Dr. Dieter Volc von der Ärztepraxis Thun & Volc Neurologie über digitale Sprechstunden und die Krise als Chance.

Selbstverständlich haben auch in der Coronakrise die vorbestehenden gesundheitlichen Probleme nicht nachgelassen. Seit über einem Jahr experimentieren wir in unserer Ärztepraxis Thun & Volc Neurologie schon mit unserem TeleMed-System. Mit der Krise ergab sich nun die Möglichkeit, das System zu erweitern und zu perfektionieren. Wir können nun eine Ordinations-Sprechstunde per Video anbieten. 

Voraussetzung sind ein Computer/Laptop mit Kamera und ein Smartphone. Unsere Assistentin richtet mit den Betroffenen eine stabile und datensichere Verbindung ein, die eigentliche Konsultation funktioniert peer-to-peer, als Arzt-Patient ohne Mithörer. Bei Bewegungsstörungen untersuchen wir die Patienten nach einem bestimmten Schema. Erst kommt die Anamnese, danach die Befindlichkeit und Beschwerdeliste. Da es sich hierbei um eine mündliche Auskunft handelt, besteht kein Problem. Auch der neurologische Status bei Bewegungsstörungen braucht keine aktive Intervention von ärztlicher Seite. Die Beurteilung richtet sich nach der Beobachtung bestimmter Bewegungsmuster, die gestört sein können. Dazu gehören sich wiederholende Bewegungen wie Fingertapping und Hände drehen, das Zittern in Ruhe und beim Vorstrecken der Arme. 

Als Einziges nicht prüfbar ist der Rigor, die Steifigkeit bei passiven Bewegungen. Gleichgewichtstests machen wir nur, wenn sich eine verlässliche Hilfsperson im Zimmer befindet. Insgesamt ergibt sich aber auch bei der TeleKonsultation ein gutes Bild der Beschwerden und Symptome. Jahrelang haben wir versucht, Rezepte elektronisch zu unterschreiben und per Mail an die Apotheke zu schicken. Innerhalb weniger Tage machten die Krankenkassen das möglich. Und nicht nur das, wir dürfen nun auch Befunde nach Hause mailen. Außerdem gab es über Nacht eine Verrechnungsposition für Telemedizin bei allen Krankenkassen. 

Aber wo ist der Vorteil einer TeleKonsultation, wenn wir wieder Normalbetrieb haben? Der gute alte Hausarzt mit seinem Hausbesuch ist zurück! Kein umständliches Warten auf den Krankentransport, keine Ansteckungsgefahr in den öffentlichen Verkehrsmitteln, keine Kinder, die sich für den Transport freinehmen müssen, keine langen Fahrstrecken, keine Wartezeit in der Praxis und auch keine Ansteckungsgefahr.

Nun wollen wir von Zeit zu Zeit unsere Patienten natürlich auch persönlich sehen. Das gilt insbesondere für die Erstuntersuchung. Es gibt aber auch Situationen, in denen die TeleKonsultation einen großen Mehrwert bringt. Durch die Telekommunikation bleibt den Patienten ein Klinikaufenthalt oder der tägliche Gang zum Arzt erspart. Eine Erstuntersuchung wird in der Praxis gemacht, ein Therapieplan entworfen, aber die Kontrollen in kurzen Abständen erfolgen telemedizinisch.

Die neuen Möglichkeiten mit Sensoren erweitern unser Spektrum noch zusätzlich. Sensoren sammeln Daten, die den Ärzten die Möglichkeit geben, über einen längeren Zeitraum Veränderungen zu beobachten und darauf entsprechend zu reagieren. 

Es gibt bereits ein auf dem Markt erhältliches Messgerät für Tremor (Tremipen®), mit dem die Stärke des Zitterns täglich selbst zu Hause ganz einfach kontrolliert werden kann. Der Arzt sieht dann den Erfolg und kann die Therapie gegebenenfalls weiter anpassen. Jede Krise ist eine Chance. Wir haben sie genutzt. Ziehen nun auch Sie Ihren Nutzen daraus.

Dr. Dieter Volc

 

Beitrag veröffentlicht am 5. August 2020
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